Die eVoting Gegner haben versagt

Eine Gruppe von Personen hat jahrelang gearbeitet, um eVoting in der Schweiz zu realisieren. Kurz vor der Vollendung steigt eine beträchtliche Anzahl von Bürgern auf die Barrikaden, um genau dies zu verhindern. Das ist eine unsägliche Verschwendung von Ressourcen.

Wo waren all die Kritiker, als es noch darum ging, die Grundlagen auszuarbeiten? Wieso haben sie das Projekt nicht früher gestoppt, wenn dessen Erfolg keine Option war?

Das Parlament hat im Jahr 2000 beschlossen, Vorbereitungen für die elektronische Stimmabgabe in der Schweiz einzuleiten. Da durfte ich noch nicht abstimmen. Eine schöne Ausrede. ‹Was für eine bekloppte Idee›, ging mir jeweils durch den Kopf, wenn ich von den eVoting Versuchen hörte. Dennoch habe ich mich nie weiter dazu informiert, geschweige denn bei einer Partei oder bei der Bundeskanzlei nachgefragt, welches Ross sie bei dieser Furzidee geritten hat.

Erst als mir bewusst wurde, wie nahe die definitive Einführung von eVoting gerückt ist, begann ich dagegen zu opponieren.

Nicht alle eVoting Gegner sind so spät ins Boot gekommen. Aber doch gab es wenige eVoting Gegner der frühen Stunde, sodass es diesem Häufchen nicht gelungen ist, das Projekt zu bremsen oder in vernünftigere Bahnen zu lenken.

In der Konsequenz haben wir als Schweiz grosse Millionenbeträge investiert, um eVoting Systeme zu entwickeln. Nun investieren wir weitere Millionen, um darüber zu streiten, ob wir die Investition besser abschreiben sollten.

Unabhängig davon, ob man für oder gegen eVoting ist, kann dieser Entscheidungs- und Entwicklungsprozess als ineffizient und ineffektiv bezeichnet werden. Es darf nicht sein, dass die Schweiz fast zwanzig Jahre an der Umsetzung eines parlamentarischen Auftrages arbeitet und dann im Endspurt ohne fundamental neue Erkenntnisse das gesamte Projekt in Frage gestellt wird. Darauf will ich in einem anderen Beitrag zurückkommen, denn das Problem betrifft nicht nur eVoting, sondern die Mechanismen der Entscheidungsfindung im Staat allgemein.

Die eVoting Umsetzer

eVoting Umsetzer sind zu unterscheiden von eVoting Befürwortern. Ein Mitarbeiter einer Consultingfirma, der mit einer Prüfung von eVoting Komponenten beauftragt wurde, ist ein eVoting Umsetzer. Ein Systemadministrator im Bereich eVoting ist ein eVoting Umsetzer. eVoting Umsetzer haben den parlamentarischen Auftrag zur Entwicklung von eVoting in der der Schweiz umgesetzt. Damit haben sie ihren Job gemacht. Jeder innerhalb seines beschränkten professionellen Auftrags.

In diesem Punkt müssen sich auch die eVoting Umsetzer zumindest theoretische Kritik gefallen lassen. Denn wer solch ein fundamentales System wie eVoting mitentwickelt, kann sich schwerlich seiner Bürgerpflicht in diesem Bereich entbunden fühlen. «Ich arbeite an Teil A und Teil B geht mich nichts an», ist eine schwache Entschuldigung für fehlenden Widerstand gegen Fehlentwicklungen beim Bau des eVotings.

Allerdings muss man hier realistisch bleiben: Wer will schon seinen Job oder seine Aufträge verlieren, weil er als freier Bürger seinem Arbeitgeber oder Kunden politisch an den Karren fährt? Von einem aufrichtigen Bürger würde man das eigentlich erwarten, in der Praxis tut das kaum jemand. Das bedeutet aber auch, dass die Expertise von eVoting Umsetzern kaum je objektiv sein wird. Positive Aspekte der eVoting Umsetzung dürfen kommuniziert werden, negative Aspekte werden verschwiegen. So funktioniert das System, so funktionieren die Menschen. Das hat nichts mit bösen Absichten zu tun.

Daher ist es auch eine Zumutung, in welchem Ton manche eVoting Gegner Kritik an den eVoting Umsetzern äussern. Die eVoting Umsetzer haben in professioneller Hinsicht ihren Job gemacht und in bürgerlicher Hinsicht in einem Überlebensinstinkt den Schwanz eingezogen so wie es normal ist. Mehr kann man realistisch nicht verlangen.

Die Mehrheit der eVoting Gegner hingegen, ich gehöre dazu, haben jahrzehntelang überhaupt nichts gemacht. Wir haben nicht mitgearbeitet, wir haben nicht opponiert. Wir haben uns damit begnügt, gelegentlich eVoting Umsetzer als geistig Minderbemittelte zu belächeln.

Die eVoting Gegner

Gegner von eVoting kommen aus ganz unterschiedlichen Ecken. Auffällig ist, dass viele Jungparteien, von den JUSO bis zur jungen SVP, zu den Gegnern von eVoting gehören. Auch sind auffallend viele Personen aus dem Feld der technischen IT Sicherheit eVoting Gegner.

Die eVoting Befürworter

Befürworter von eVoting können nicht in einen Topf geworfen werden. Manche sind Visionäre, die nicht in tausend Jahren noch Papierzettel durch das Sonnensystem schicken wollen. Andere suchen vielleicht eher billige Wählerstimmen bei Auslandschweizern. Auffallend ist, dass nur wenige Personen mit technischem Verständnis harte eVoting Befürworter sind. Professor Dubuis etwa ist eher bei den eVoting Umsetzern zu verorten. Selbst der IT Sicherheitsexperte Christian Folini, der von der Post gerne als Aushängeschild eines Befürworters herumgereicht wird, schreibt auf Twitter auch mal «Wenn NoEvoting Erfolg hat, dann werde ich keine Träne vergiessen». Die Einführung von eVoting sei ein politischer Entscheid und wenn das schon geschehe, dann wolle er es so sicher wie möglich machen.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass durchschnittliche harte eVoting Befürworter keine Vorstellung davon haben, welch gefährliches Instrumentarium sie hier propagieren. Die meisten verlassen sich auf die Berichte, die von eVoting Umsetzern erstellt wurden und die, wie oben aufgezeigt, systembedingt schwere Schlagseite haben.

Solche Berichte werden oft stark verkürzt oder aus dem Kontext gerissen. In der Zeitung liest man dann, eVoting wäre sicher und transparent. Manipulationen auf grösserer Skala wären unmöglich. Aussagen, die ein Techniker so sicher niemals machen würde. Und blanker Hohn an die Adresse von eVoting Gegnern.